05.07.2024
Sozialpolitische Kerndaten - Juni 2024
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Vorbemerkung:
Aufgrund von Schwerpunktverlagerungen wurden ab Januar 2024 erneut Betriebe innerhalb der Wirtschaftszweige (Abteilung, Gruppe, Klasse der WZ 2008) neu zugeordnet. Insgesamt bleiben die Auswirkungen der neuen Zuordnung überschaubar. Dennoch ergeben sich bei den Daten für Betriebe in den Wirtschaftszweigen gewisse Veränderungen, die bei einem durchgehenden Zeitvergleich zu berücksichtigen sind. Dies gilt vor allem für den intertemporalen Vergleich der Beschäftigung und des Umsatzes. Beim Produktionsindex und Erzeugerpreisindex wurden die Indizes auf das neue Basisjahr 2021=100 umgestellt.
1. Anzahl der Betriebe

- Die deutsche Volkswirtschaft hat zwar die zwischenzeitliche Stagflation – hohe Inflation und schrumpfende Wirtschaftsleistung – inzwischen überwunden. Sie befindet sich aber immer noch in einer Schwächephase. Die Inflation lag im Mai 2024 in Deutschland bei 2,4 und in der Eurozone bei 2,6 Prozent. Obwohl diese Werte noch über der Zielinflationsrate der Europäischen Zentralbank liegen – die Zielinflationsrate beträgt 2 Prozent – hat die Zentralbank im Juni 2024 eine Zinswende eingeläutet und die Leitzinsen um jeweils 0,25 Prozentpunkte gesenkt. Damit soll nicht zuletzt die schleppende Konjunktur stimuliert werden. Nachdem die am realen Bruttoinlandsprodukt (BIP) gemessene Wirtschaftsleistung in Deutschland preis-, saison- und kalenderbereinigt im letzten Quartal 2023 noch um 0,5 Prozent zurückgegangen war, stieg das reale BIP im ersten Quartal 2024 um 0,2 Prozent an.
- Die Prognosen für das gesamte Jahr 2024 sind nach wie vor verhalten. Die Bundesregierung hat ihre Erwartung im April 2024 leicht von 0,2 auf 0,3 Prozent angehoben. In der Pressemitteilung führt das Wirtschaftsministerium aus, dass sich die Anzeichen dafür mehren, dass die deutsche Wirtschaft im Frühjahr 2024 an einem konjunkturellen Wendepunkt steht. Die Inflationsrate soll 2024 auf 2,4 Prozent sinken. Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute erwarten in ihrer Gemeinschaftsdiagnose vom März 2024 einen Anstieg des realen BIP um lediglich 0,1 Prozent.
- In der Papierverarbeitenden Industrie gab es im Jahr 2023 insgesamt 462 Betriebe mit mindestens 50 Beschäftigten. Im ersten Quartal 2024 waren es dagegen nur noch 456.
2. Entwicklung der Anzahl der Beschäftigten

- Die Anzahl der Beschäftigten in der Papierverarbeitenden Industrie ist seit dem Höchststand von 2018 kontinuierlich gesunken. Waren im Durchschnitt des Jahres 2018 noch knapp 87.000 Personen beschäftigt, waren es im Jahresdurchschnitt 2023 nur noch 81.116 und im ersten Quartal 2024 sogar nur noch 80.568 Personen. Aktuell ergibt sich gegenüber dem Vorjahresdurchschnitt ein Minus von 0,7 Prozent, gegen-über dem ersten Quartal 2023 liegt das Minus bei 1,2 Prozent.
- Insgesamt sank die Zahl der Beschäftigten seit dem Höchststand im Jahr 2018 um 6.120 Personen. Das entspricht einem prozentualen Rückgang von 7,1 Prozent. In langfristiger Betrachtung hat sich die Beschäftigung in der Branche etwas weniger verändert, weil sich in den Jahren 2017/2018 ein vorübergehender Beschäftigungsaufbau einstellte. Im Vergleich zum Jahr 2010 sank die Zahl der Beschäftigten nur um 3.091 Personen. Das entspricht einem prozentualen Rückgang von 3,7 Prozent.
- Aufgrund des anhaltend negativen Beschäftigungstrends der letzten Jahre lag die An-zahl der Beschäftigten im ersten Quartal 2024 auf dem geringsten Niveau seit 2010. Der negative Trend seit 2018 unterscheidet sich deutlich von der Phase zwischen 2010 und den Jahren des Aufschwungs 2017/2018. Zwischen 2010 und 2016 ging die Beschäftigung nur in einzelnen Jahren hintereinander zurück, aber nicht über einen mehr-jährigen Zeitraum. Damals dominierten vor allem konjunkturelle Einflüsse. Heute muss dagegen von einem strukturellen Beschäftigungsrückgang gesprochen werden.
3. Bruttoentgelte je Arbeitnehmer

- Das monatliche Bruttoentgelt je Beschäftigten belief sich in der Papierverarbeitenden Industrie im ersten Quartal 2024 auf durchschnittlich 3.924 Euro. Gegenüber dem Vor-jahreszeitraum bedeutet dies einen Anstieg von rund 176 Euro oder 4,7 Prozent. Je Stunde gerechnet betrug der Anstieg sogar 5,3 Prozent.
- Im langfristigen Vergleich fällt die aktuelle Bruttolohnerhöhung der Papierverarbeiten-den Industrie damit überdurchschnittlich aus. Denn zwischen 2010 und 2023 stiegen die Bruttolöhne je Beschäftigten im Jahresdurchschnitt lediglich um 2,1 Prozent pro Jahr. Eine Beschleunigung der Lohndynamik ist bereits seit mehreren Jahren festzustellen: Im Jahr 2021 legten die Monatsentgelte bereits um 2,8 Prozent zu. Im Jahr 2022 waren es dann 3,4 Prozent und 2023 schon 4,0 Prozent.
- Die Verbraucherpreise stiegen im ersten Quartal 2024 gegenüber dem Vorjahresquartal nur noch um 2,5 Prozent. Somit ist die Kaufkraft der Bruttoverdienste im letzten Jahr deutlich gestiegen. Der Anstieg beträgt 2,1 Prozent für die Bruttomonatslöhne und sogar 2,7 Prozent für die Bruttostundenlöhne. Auch bei einem Fünfjahresvergleich (erstes Quartal 2024 zu erstem Quartal 2019) zeigt sich kein Kaufkraftverlust der Ver-dienste. Die Verbraucherpreise stiegen um 20,4 Prozent, gleichzeitig stiegen die Bruttostundenlöhne um 21,8 Prozent und damit höher als der Preisanstieg. Da zusätzlich die Inflationsausgleichsprämie abschlagsfrei ausgezahlt wurde, dürfte zudem der Nettoverdienst um rund 2 Prozentpunkte stärker gestiegen sein als der Bruttoverdienst.
4. Tariflohnentwicklung

- Der aktuelle Entgelttarifvertrag für die Papierverarbeitende Industrie wurde im April 2023 geschlossen. Damals wurde vereinbart, die Entgelte um insgesamt 8,6 Prozent zu erhöhen. Außerdem gewähren die Arbeitgeber eine Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 2.000 Euro in zwei Raten. Die Laufzeit des Tarifvertrags beträgt 24 Monate, der Tarifvertrag läuft noch bis zum 31. Januar 2025.
- Im Einzelnen sieht der Abschluss vor, dass die Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen in drei Stufen angehoben werden. Zum 1. September 2023 gab es eine erste Erhöhung von 5,1 Prozent, der zwei weitere Erhöhungen um 2,1 Prozent zum 1. August 2024 und um weitere 1,4 Prozent zum 1. Dezember 2024 folgen. Die Inflationsausgleichsprämie wurde in zwei Schritten von jeweils 1.000 Euro ausgezahlt. Die erste Tranche war bereits im Mai 2023 fällig, die zweite wurde im März 2024 ausgezahlt. Auszubildende erhielten jeweils die Hälfte des Betrags.
- Nach Berechnungen der Deutschen Bundesbank ergab sich für die Papier-verarbeitende Industrie kalenderjährlich und je Stunde gerechnet im Jahr 2023 eine Kostenbelastung von 5 Prozent. Das war etwas mehr als im Durchschnitt aller Branchen. Der gesamtwirtschaftliche Durchschnitt lag laut Bundesbank im letzten Jahr bei 4 Prozent.
5. Exportquote

- Im Durchschnitt lag der Auslandsumsatz im ersten Quartal des Jahr 2024 bei 598 Millionen Euro je Monat. Damit wurde der Wert des Vorjahresquartals von 653 Millionen Euro pro Monat um 8,4 Prozent unterschritten. Im Quartalsverlauf zeigt sich ein stetiger Rückgang seit dem ersten Quartal 2023 von 653 Millionen Euro auf zuletzt 575 Millionen Euro. Besonders deutlich war der Rückgang im Vergleich zum Vorjahr im März 2024 mit knapp 15 Prozent.
- In relativer Betrachtung haben die Auslandsmärkte für die deutsche Papierverarbeitende Industrie im ersten Quartal 2024 mit einer Exportquote von 31,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr deutlich an Bedeutung gewonnen. Damit wurde der höchste Wert im Untersuchungszeitraum ab 2010 erreicht. Gegenüber dem ersten Quartal 2023 ist die Exportquote um einen Prozentpunkt gestiegen.
- Ein Blick auf die langfristige Entwicklung der Exportquote zeigt, dass der Anteil der Auslandsgeschäfte im Durchschnitt der Branche zwischen 2010 und 2012 recht stabil blieb. Nach einem Anstieg auf 30,6 Prozent im Jahr 2013 kam es ab 2014 zu einem Rückgang, der bis 2018 andauerte (Exportquote 26,9 Prozent). Im folgenden Jahr sprang die Exportquote dann um mehr als 2 Prozentpunkte nach oben. Zwischen 2019 und 2022 blieb die Exportquote mit Werten zwischen 29,1 und 29,6 Prozent annähernd stabil, ehe 2023 ein neuer Rekordwert erreicht wurde, der im ersten Quartal 2024 noch übertroffen wurde.
6. Umsatz

- Im ersten Quartal 2024 lag der Gesamtumsatz in der Papierverarbeitenden Industrie bei 5,76 Milliarden Euro. Gegenüber dem Umsatz des gleichen Vorjahreszeitraums, der bei 6,50 Milliarden Euro lag, ergab sich ein Minus von 0,74 Milliarden Euro. Das entspricht einem Rückgang um 11,4 Prozent. Dabei belief sich der Inlandsumsatz auf 3,97 Milliarden Euro und der Auslandsumsatz auf 1,79 Milliarden Euro. Damit lagen sowohl der Inlands- als auch der Auslandsumsatz unter ihren jeweiligen Vorjahresniveaus. Der Inlandsumsatz ging mit 12,7 Prozent etwas stärker als der Auslandsumsatz zurück. Dort lag das Minus bei 8,4 Prozent. Der Anteil der Inlandsumsätze am Gesamtumsatz ging weiter zurück. Im Jahr 2022 lag die Quote bei knapp 71 Prozent, im Jahr 2023 waren es 69,3 und im ersten Quartal 2024 dann 68,9 Prozent.
- Nachdem die Umsätze aufgrund des Preisauftriebs im Jahr 2022 nominal noch anstiegen, schlug die schwache Branchenkonjunktur im Jahr 2023 immer mehr auf die Umsatzentwicklung durch. Im ersten Quartal 2024 setzte sich der Trend rückläufiger Umsätze fort.
- Durch die starken Preissteigerungen stieg der Umsatz im Jahr 2022 auf 25,53 Milliarden und erreichte damit ein Allzeithoch. Obwohl die Erzeugerpreise auch 2023 in der Papierverarbeitenden Industrie weiter gestiegen sind (Seite 9), lag der Umsatz im Jahr 2023 mit 23,76 Milliarden Euro unter dem Vorjahreswert. Dabei hat die Preisdynamik nachgelassen, gleichzeitig ist der Produktionsindex stark eingebrochen (Seite 8).
7. Monatlicher Umsatz je Beschäftigten

- Im ersten Quartal 2024 ging der Umsatz je Beschäftigten gegenüber dem ersten Quartal 2023 spürbar zurück. Während der Pro-Kopf-Umsatz im ersten Quartal 2024 bei 23.839 Euro lag, waren es im gleich Vorjahresquartal noch 26.579 Euro. Das entspricht einem Rückgang von 10,3 Prozent. Im Vergleich zur nominalen Umsatzentwicklung (minus 11,4 Prozent) ging die Pro-Kopf-Umsatzentwicklung etwas weniger stark zurück.
- Grund dafür, dass die Pro-Kopf-Umsatzentwicklung etwas weniger eingebrochen ist als die nominale Umsatzentwicklung, ist die leicht rückläufige Beschäftigungsentwicklung. Der Beschäftigungsrückgang lag im ersten Quartal 2024 gegenüber dem gleichen Vorjahresquartal bei 1,2 Prozent.
- Im langfristigen Vergleich ab 2010 blieb der Pro-Kopf-Umsatz lange Zeit vergleichs-weise stabil. Im Jahr 2021 kam es dann im Zuge des Nachholeffektes durch die Corona-Pandemie zu einer Erhöhung, die sich 2022 inflationsbedingt noch verstärkte. Da sich der Anstieg der Erzeugerpreise 2023 nicht mehr fortsetzte, gingen die Pro-Kopf-Umsätze wieder zurück. Damit schlägt sich die an der Produktionsentwicklung schon länger beobachtbare Branchenrezession auch in der Umsatzentwicklung nieder.
8. Entwicklung der Produktion

- Der Produktionsindex wurde Anfang 2024 auf das neue Basisjahr 2021 umgestellt. Damit ist gleichzeitig eine Neugewichtung der Unterbranchen der Papierverarbeiten-den Industrie verbunden, sodass es auch zu kleinen Revisionen in den Veränderungs-raten kommen kann. Alle Werte wurden auf Grundlage des neuen Basisjahres vom Statistischen Bundesamt bis 1991 zurückgerechnet.
- Im ersten Quartal des Jahres 2024 lag der unbereinigte Produktionsindex bei 87,7. Das ist zwar mehr als im Jahresdurchschnitt 2023, aber 5,8 Prozent weniger als im ersten Quartal des Jahres 2023. Berücksichtigt man die unterschiedliche Anzahl der Arbeitstage beträgt der Rückgang noch immer 3,8 Prozent.
- In der quartalsmäßigen Betrachtung zeigt sich bei Betrachtung der kalender- und saisonbereinigten Werte: Im ersten Quartal 2024 lag der Produktionsindex bei 86,0 und damit um 2,1 Prozent höher als im vierten Quartal 2023. Somit konnte ein lang andauernder Abwärtstrend gestoppt werden: Bis zum vierten Quartal 2023 war die Produktion kalender- und saisonbereinigt neunmal in Folge von Quartal zu Quartal gesunken.
- Betrachtet man die langfristige Entwicklung, zeigt sich, dass der Produktionsindex bis zum Jahr 2021 im Jahresdurchschnitt mindestens bei knapp 97 lag. Von diesen Werten ist der Produktionsindex trotz der zuletzt leichten Erholung noch weit entfernt.
9. Preisentwicklung

- Der Erzeugerpreisindex in der Papierverarbeitenden Industrie lag im ersten Quartal 2024 bei 121,0 Prozent. Seit dem Höchststand im Januar 2023 sind die Erzeuger-preise jeden Monat bis zum Februar 2024 mit sich abschwächendem Tempo zurück-gegangen. Im März 2024 stiegen sie wieder marginal um 0,1 Prozent an. In den letzten Monaten scheint sich daher der Erzeugerpreisindex auf einem Wert von rund 121 ein-gependelt zu haben. Verglichen mit dem Jahresdurchschnitt 2023, der 127 beträgt, lagen die Erzeugerpreise im ersten Quartal 2024 um 4,7 Prozent niedriger.
- In der langfristigen Betrachtung verliefen die Preise für den Gesamtindex der gewerblichen Produkte ohne Energie und den Erzeugnissen der Papierverarbeitung bis 2021 annähernd parallel. Im Jahr 2022 legten die Preise für die Erzeugnisse der Papierverarbeitung aber überdurchschnittlich stark zu. Dadurch lag das Preisniveau bei der Papierverarbeitung im Jahresdurchschnitt 2022 um gut 9 Prozentpunkte höher als bei den gewerblichen Produkten ohne Energie insgesamt. Im Durchschnitt des Jahres 2023 ist es bei einem ähnlich hohen Abstand geblieben. Aktuell (März 2024) ist der Abstand jedoch wieder deutlich geschrumpft und beträgt noch 3,1 Prozentpunkte.
- In der Papiererzeugenden Industrie ist der Erzeugerpreisindex nach seinem Höchst-wert im Oktober 2022 – der Wert betrug damals 153,5 – gesunken. Im März 2024 lag er noch bei 112. Damit ist der Indexwert inzwischen um fast 9 Prozentpunkte niedriger als in der Papierverarbeitenden Industrie.
10. Entwicklung von Produktivität und Lohnstückkosten

- Im ersten Quartal 2024 stiegen die Lohnstückkosten gegenüber dem Vorjahresquartal um 7,1 Prozent. Damit hat sich das Anstiegstempo im Vergleich zum außergewöhnlichen Rekordanstieg des Jahres 2023 zwar deutlich verlangsamt, es liegt aber immer noch höher als in allen betrachteten Jahren bis 2022. Zudem ist zu berücksichtigen, dass durch den enormen Anstieg der Lohnstückkosten im Jahr 2023 das Lohnstückkostenniveau bereits im Vorjahr sehr hoch lag und dass der jetzige Anstieg auf diesem hohen Niveau aufsetzt.
- Ursächlich für den neuerlich sehr starken Anstieg der Lohnstückkosten sind der deutliche Rückgang der Produktion bei gleichzeitig nur moderatem Beschäftigungsrück-gang in Verbindung mit hohen Lohnanstiegen.
- Die Produktivität je Beschäftigten ging im ersten Quartal 2024 gegenüber dem Vorjahresquartal um 2,2 Prozent zurück. Bei dieser Rechnung sind Kalendereinflüsse berücksichtigt. Die Produktivität je Stunde ging im ersten Quartal 2024 gegenüber dem Vorjahr sogar um 3,8 Prozent zurück. Somit setzt sich der Produktivitätsrückgang trotz des Einbruchs im Vorjahr fort. Gleichzeitig stiegen die Bruttomonatsverdienste um 4,7 Prozent und die Bruttostundenverdienste sogar um 5,3 Prozent an.