23.09.2019
Sozialpolitische Kerndaten – September 2019
Vorbemerkung:
Die gesamtwirtschaftliche Schwäche hat auch die Papierverarbeitende Industrie in Deutschland erfasst. Sowohl die Produktion als auch die Umsätze konnten im ersten Halbjahr 2019 nicht das entsprechende Vorjahresniveau erreichen. Auch bei der Anzahl der Beschäftigten gab es Anpassungen, diese fallen jedoch deutlich moderater aus als bei Produktion und Nachfrage.
Anzahl der Betriebe
- Die deutsche Wirtschaft ist im zweiten Quartal 2019 leicht geschrumpft. Die gesamt-wirtschaftliche Leistung unterschritt das Niveau des Vorquartals in preis-, arbeits-täglich- und saisonbereinigter Rechnung um 0,1 Prozent. Dabei konnten die Zu-wächse bei den Dienstleistern den Rückgang der industriellen Wertschöpfung fast noch kompensieren. Die Industrie hat ihren im vergangenen Jahr eingeschlagenen Rückwärtsgang weiter eingelegt. Das erklärt sich aus der nachlassenden Auslands-
tätigkeit. Sowohl die Exporte als auch die Importe lagen zuletzt preisbereinigt unter dem Volumen des ersten Quartals 2019. Die Abschwächung der Weltwirtschaft infolge der vielfältigen geopolitischen Verunsicherungen und des Protektionismus hinterlässt vor allem in der weltmarktoffenen deutschen Industrie deutliche Bremsspuren. Auch die Konsumkonjunktur hat mittlerweile an Schwung eingebüßt. Der Beschäftigungsaufbau hierzulande kommt ins Stocken und die Beschäftigungsperspektiven der privaten Haushalte sind weniger zuversichtlich als in den letzten Jahren.
- Infolge der Anpassungen im Automobilbereich – auch forciert durch die Klimadebatte – und der weltweiten Handelskonflikte befindet sich die deutsche Industrie seit Anfang 2018 im Rückzug. Im Durchschnitt der ersten sechs Monate dieses Jahres unterschritt die Produktion der gesamten Industrie das entsprechende Vorjahresniveau um 4,5 Prozent. In der deutschen Papierverarbeitenden Industrie wurde gleichzeitig ein Rückgang in Höhe von 1 Prozent verzeichnet.
Entwicklung der Beschäftigten
- In den ersten sechs Monaten des Jahres 2019 waren im Durchschnitt 85.750 Mitarbeiter in der deutschen Papierverarbeitenden Industrie tätig. Damit waren in der Branche gut 500 Personen weniger beschäftigt als im gleichen Vorjahreszeitraum. Dies entspricht einem Minus von 0,6 Prozent.
- Während bis zum Herbst des vergangenen Jahres in der Papierverarbeitenden Industrie noch neue Mitarbeiter eingestellt wurden, ist seitdem ein Beschäftigungsrückgang zu beobachten. Im zweiten Quartal 2019 lag die Beschäftigung mit durchschnittlich 85.550 Personen um knapp 400 Personen unter dem Niveau des ersten Vierteljahrs 2019. Der Vorjahreswert wurde im Zeitraum April bis Juni um 0,8 Prozent unterschritten.
- Gleichwohl kann sich trotz der aktuellen konjunkturellen Anpassung die Beschäftigungslage der Branche sehen lassen. Im Jahr 2018 wurde bei der Anzahl der Mitarbeiter in der Papierverarbeitenden Industrie ein neuer Jahreshöchstwert verzeichnet. Dieser übertraf – bezogen auf den Betrachtungszeitraum 2005 bis 2018 – mit knapp 86.700 Personen den vormaligen Rekord aus dem Jahr 2008 um fast 300 Personen. Dies muss auch beim aktuellen Vorjahresvergleich mitberücksichtigt werden.
- Langfristige Branchenvergleiche sind aufgrund von statistischen Schwerpunktverlagerungen von Betrieben allerdings nur mit Einschränkungen sinnvoll. In den vergangenen Jahren wurden immer wieder Umbuchungen von Betrieben – und deren Mitarbeitern, Umsätzen usw. – vorgenommen.
Bruttoentgelte je Arbeitnehmer
- Der monatliche Bruttolohn beziehungsweise das monatliche Bruttogehalt je Mitarbeiter in der deutschen Papierverarbeitenden Industrie belief sich im Jahresdurchschnitt 2018 auf 3.396 Euro. Das entsprach einem Anstieg von 0,2 Prozent. Im Vergleich zu den Jahren davor hat sich die Dynamik spürbar abgeschwächt.
- Im ersten Halbjahr 2019 hat sich die Lohndynamik wieder beschleunigt. Der Bruttomonatslohn stieg gegenüber dem ersten Halbjahr 2018 um 1,9 Prozent. Damit liegt der Wert bereits zur Jahresmitte über dem Jahresdurchschnitt 2018, obwohl die Sonderzahlungen erst im vierten Quartal gezahlt werden.
- Der Anstieg der Bruttolöhne übertraf im ersten Halbjahr 2019 die Teuerungsrate. Sie lag bei 1,5 Prozent.
Tariflohnentwicklung
- Der im Februar 2019 erzielte Tarifabschluss sieht vor, die Entgelte in der Papier, Pappe und Kunststoffe verarbeitenden Industrie ab dem 1. März 2019 um 2,8 Prozent zu erhöhen. Zum 1. März 2020 folgt eine weitere Stufenanhebung von 2,7 Prozent. Für die Monate November 2018 bis Februar 2019 gab es keine Anhebung der Tabellenwerte (Nullmonate). Der Entgelttarifvertrag hat eine Laufzeit bis zum 31. Januar 2021. Die Ausbildungsvergütungen wurden zum 1. März 2019 um einheitlich 90 Euro erhöht.
- Kalenderjährlich ergibt sich nach Berechnungen der Deutschen Bundesbank für 2018 eine Kostenbelastung von 1,6 Prozent (nach 2,1 Prozent für 2017). Dieser Anstieg lag damit deutlich unter der gesamtwirtschaftlichen Tariflohndynamik (2,8 Prozent).
- Im Jahr 2019 wird sich der Anstieg der Tarifverdienste wohl beschleunigen. Hier wirkt sich für den Monat März ein statistischer Überhangeffekt aus (2018 stiegen die Löhne erst zum 1. April).
Exportquote
- Im ersten Halbjahr 2019 belief sich die Exportquote der deutschen Papierverarbeitenden Industrie auf gut 27 Prozent. Damit wurde der Jahresdurchschnitt von 2018 leicht übertroffen – die Exportquote lag gleichwohl auf dem gleichen Niveau wie im ersten Halbjahr 2018. Die seit dem Jahr 2013 zu beobachtende Bedeutungsverschiebung beim gesamten Branchenumsatz – weg vom Auslandsumsatz und hin zum Inlandsmarkt – hat sich aktuell also nicht weiter fortgesetzt. Mit Blick auf den Zeitraum seit der Jahrtausendwende haben zunächst bis zur globalen Finanzmarktkrise die Auslandsmärkte deutlich an Bedeutung gewonnen – die Exportquote stieg von 20 auf 30 Prozent. Nach einer langen Konsolidierungsphase setze nach 2013 wieder ein Strukturwandel hin zum Binnenmarkt ein.
- Der Inlandsumsatz sank im ersten Halbjahr 2019 gegenüber dem Vorjahr mit 1,3 Prozent etwas schwächer als die Geschäfte mit den ausländischen Kunden. Diese gaben binnen Jahresfrist um 1,5 Prozent nach. Dies erklärt die im Halbjahresvergleich annähernd stabile Exportquote. Die sich abschwächende Weltwirtschaft – infolge der vielfältigen Verunsicherungen durch die Zollpolitik der USA, dem drohenden No-Deal-Brexit, die langfristige Stagnation in Italien und die unsicheren politischen Umständen in einer Reihe von Schwellenländern wie etwa Russland oder Brasilien – treffen offensichtlich auch den Außenhandel der Papierverarbeitenden Industrie.
Umsatz
- Der Gesamtumsatz der Papierverarbeitenden Industrie lag in den ersten sechs Monaten des Jahres 2019 um 1,3 Prozent unter dem Niveau des entsprechenden Vorjahreszeitraums. Während in den ersten drei Monaten noch mehr oder weniger das Vorjahresvolumen gehalten werden konnte, gaben die Umsätze im zweiten Quartal 2019 gegenüber dem Vorjahr um 2,9 Prozent nach. Damit bedarf es eines kräftigen Schubs im zweiten Halbjahr, um in 2019 auf das Umsatzniveau des Vorjahres zu kommen. Mit einem Umsatz in Höhe von 10,5 Milliarden Euro in den ersten sechs Monaten bestehen aber noch reelle Chancen, die Schwelle von 20 Milliarden Euro auch in diesem Jahr zu erreichen. Beim Langfristvergleich ist zu beachten, dass es eine Reihe von statistischen Änderungen gab. Während bei den Revisionen 2015 und 2017 der Umsatz der Papierverarbeitenden Industrie höher ausfiel, führte die neue Branchenzusammensetzung ab 2018 zu einem niedrigeren Umsatz.
- Mit Blick auf das erste Halbjahr 2019 gaben sowohl die Inlands- als auch die Auslandsumsätze nach. Beim Inlandsgeschäft, auf das derzeit weit über 70 Prozent des Gesamtumsatzes entfällt, lag das Minus bei 1,3 Prozent, beim Auslandsumsatz waren es 1,5 Prozent weniger. Vor allem bei den Geschäften mit Kunden außerhalb des Euroraums haben sich in den ersten sechs Monaten deutliche Bremsspuren gezeigt: das Vorjahresniveau wurde um 3 Prozent verfehlt. Bei den Umsätzen mit den Ländern des Euroraums belief sich der Rückgang auf 0,8 Prozent.
Monatlicher Umsatz je Beschäftigten
- Im Durchschnitt der ersten sechs Monate des Jahres 2019 lag der Umsatz je Mitarbeiter in der deutschen Papierverarbeitenden Industrie bei monatlich 20.441 Euro. Damit wurde das Niveau vom gleichen Vorjahreszeitraum um 0,8 Prozent unterschritten. Nimmt man nur das zweite Quartal 2019 in den Blick, dann liegt der Rückgang im Vorjahresvergleich sogar bei 2,1 Prozent. Der Umsatzrückgang dürfte auf Basis preisbereinigter Werte noch deutlicher ausfallen, weil zuletzt die Erzeugerpreise noch leicht zugelegt haben – was den nominalen Vergleich begünstigt.
- Die Umsätze gingen zuletzt deutlich stärker zurück als die Anzahl der Beschäftigten: Während die Umsätze im ersten Halbjahr das Vorjahresniveau um 1,3 Prozent unterschritten, war bei den Beschäftigten nur ein Rückgang von 0,6 Prozent zu verzeichnen.
- Damit dürfte die sich in den letzten beiden Jahren abgezeichnete Trendwende hin zu wieder ansteigenden Umsätzen je Mitarbeiter in diesem Jahr nicht weiter fortsetzen. Auch im Zeitraum von 2011 bis 2015 war dieser Branchenindikator durchgängig rückläufig. Die Verbesserung in den letzten beiden Jahren resultierte daraus, dass die Umsätze stärker zulegen konnten als die Anzahl der Mitarbeiter. Der langfristige Vergleich ist hier möglich, weil davon ausgegangen werden kann, dass die statistischen Schwerpunktverlagerungen von Betrieben die Umsatz- und Mitarbeiterzahlen mehr oder weniger gleichmäßig betreffen.
Entwicklung der Produktion
- Im Durchschnitt der ersten sechs Monate des Jahres 2019 konnte die Papierverarbeitende Industrie das Niveau ihrer entsprechenden Vorjahresproduktion nicht halten. Vielmehr gab der Output der Branche um 1 Prozent binnen Jahresfrist nach. Im zweiten Quartal 2019 wurde die entsprechende Vorjahresproduktion sogar um 1,4 Prozent unterschritten. Gleichwohl gelang es den Unternehmen noch, zumindest leicht oberhalb des Gesamtjahresdurchschnitts von 2018 zu liegen.
- Auf das Gesamtjahr 2019 gerechnet dürfte die seit dem Jahr 2017 sichtbare Trendwende in der deutschen Papierverarbeitenden Industrie zum Erliegen kommen. In den vergangenen beiden Jahren konnte die Branche nach einem über fünf Jahre anhaltenden Rückgang erstmals wieder eine moderate Aufwärtsbewegung verzeichnen. Gleichwohl lag das durchschnittliche Produktionsniveau im ersten Halbjahr 2019 immer noch um 5,4 Prozent unter dem letzten Höhepunkt im Jahr 2011.
- Die nominalen Umsätze haben im ersten Halbjahr 2019 mit 1,3 Prozent etwas stärker nachgegeben als die Produktion mit 1 Prozent. Da die Preise im gleichen Zeitraum noch leicht angestiegen sind, dürften die preisbereinigten Umsätze sogar noch etwas stärker nachgegeben haben. Das kann dahingehend interpretiert werden, dass die Branche die Produktion nicht so schnell an die rückläufige Nachfrage angepasst hat und zum Teil auf Lager produziert hat – mit den entsprechend positiven Auswirkungen auf die Beschäftigung in der Branche.
Preisentwicklung
- Trotz der nachlassenden Konjunktur lagen die Erzeugerpreise für alle Industrieprodukte (ohne Energiegüter) im ersten Halbjahr 2019 um 1,1 Prozent über dem Niveau des entsprechenden Vorjahreszeitraums. Dies spiegelt die immer noch gut ausgelasteten Industriekapazitäten wider und reflektiert die zwischenzeitlich höheren Energie- und Rohstoffpreise. Die Preisdynamik hat im Zeitverlauf jedoch deutlich nachgelassen, sodass auf das Gesamtjahr gesehen, die Erzeugerpreise um weniger als 1 Prozent zulegen dürften. Damit kommt der Preisauftrieb der letzten beiden Jahre mehr und mehr zum Erliegen. Bereits im Zeitraum 2011 bis 2016 stagnierten die industriellen Erzeugerpreise in Deutschland.
- Diese lange Phase der Preisstabilität galt auch für die Papierverarbeitende Industrie. Nachdem die Erzeugerpreise dieser Branche über fünf Jahre konstant waren, kam es in den letzten beiden Jahren zu Preiserhöhungen – vor allem im Jahr 2018. Im Verlauf der ersten sechs Monate dieses Jahres waren die Erzeugerpreise der Branche wieder durchgehend stabil – sie lagen gleichwohl aufgrund des anhaltenden Anstiegs im gesamten Jahr 2018 um 2,2 Prozent über dem Niveau vom ersten Halbjahr 2018. Auch der Jahresdurchschnitt 2018 wurde noch leicht übertroffen.
- Die Preisfluktuationen sind in der Papiererzeugenden Industrie aufgrund der höheren Energie- und Rohstoffintensität und der schwankenden Energie- und Rohstoffpreise erheblich stärker. In den ersten sechs Monaten übertrafen die Preise zwar noch das entsprechende Vorjahresniveau um 0,5 Prozent – der Jahresdurchschnitt 2018 wurde jedoch schon deutlich unterschritten.
Entwicklung der Produktivität und Lohnstückkosten
- Im ersten Halbjahr 2019 sind die Lohnstückkosten gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum um 2,1 Prozent gestiegen. Damit ist auch in der ersten Jahreshälfte 2019 der Trend steigender Lohnstückkosten ungebrochen geblieben. Bereits zwischen 2011 und 2018 sind die Lohnstückkosten achtmal in Folge – also ununterbrochen – angestiegen. Die Veränderungsrate lag mit Anstiegsraten zwischen meist gut 2 Prozent und mehr als 3 Prozent in diesem Zeitraum geringfügig niedriger als zuletzt.
- Die Produktivität je Beschäftigten hat in den ersten sechs Monaten des Jahres 2019 gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum stagniert (Rückgang um 0,1 Prozent). Damit hat es in der Papierverarbeitenden Industrie seit 2012 keine nennenswerten Produktivitätsanstiege mehr gegeben. In den meisten Jahren dieses Zeitraums waren vielmehr klare Produktivitätsrückgänge zu verzeichnen.
- Auf die Stunde gerechnet stieg die Produktivität im ersten Halbjahr 2019 mit 0,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr leicht an. Wegen der im Trend leicht zurückgehenden Arbeitszeit je Beschäftigten fiel auch in den meisten Jahren zuvor die Produktivitätsentwicklung je Stunde etwas besser aus als die je Beschäftigten. Aber auch auf die Stunde gerechnet ist die Produktivität aktuell 4 Prozent niedriger als im Jahresdurchschnitt 2011.