28.09.2023
Sozialpolitische Kerndaten - September 2023
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Einleitung:
Im ersten Halbjahr 2023 war die wirtschaftliche Entwicklung in der Papierverarbeitenden Industrie von einer Branchenrezession geprägt. Der Produktionsindex lag im zweiten Quartal kalender- und saisonbereinigt nur noch bei 87,7 (2015=100). Der Erzeugerpreisindex der Branche verharrte mit einem Durchschnittswert von 140,8 für das 1. Halbjahr 2023 (1. Halbjahr 2022: 127,1) auf hohem Niveau. Damit wurde die Umsatzentwicklung weiter durch die Preise getrieben. Der Umsatz lag im ersten Halbjahr 2023 etwas unter dem Niveau desselben Vorjahreszeitraums. Da die Produktivität je Beschäftigten im ersten Halbjahr 2023 um 9,3 Prozent schrumpfte, stiegen die Lohnstückkosten kräftig an. Im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022 ergibt sich ein Plus von 15,8 Prozent.
1. Anzahl der Betriebe
- Die deutsche Volkswirtschaft befindet sich in einer Stagflationsphase. Die Wirtschaftsleistung schrumpft, während die Inflation weiterhin hoch ist. Nach zwei aufeinanderfolgenden Quartalen mit sinkendem Output (minus 0,4 Prozent im vierten Quartal 2022 und minus 0,1 Prozent im ersten Quartal 2023) stagnierte die deutsche Volkswirtschaft im zweiten Quartal 2023. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes vom 28. Juli 2023 ging das Bruttoinlandsprodukt in diesem Zeitraum gegenüber dem ersten Quartal preis-, saison- und kalenderbereinigt nicht weiter zurück. Im Vergleich zum Vorjahresquartal ergab sich preis- und kalenderbereinigt ein Minus von 0,2 Prozent.
- Die weitere Konjunkturentwicklung wird skeptisch beurteilt. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) geht in seiner aktuellen Prognose von Ende August 2023 davon aus, dass die Wirtschaftsleistung im laufenden Jahr um ein halbes Prozent zurückgehen wird. Die Inflation ist zwar seit Anfang des Jahres zurückgegangen, verharrt seit einigen Monaten aber auf immer noch hohem Niveau. Das IW erwartet im Jahresschnitt 6,5 Prozent.
- In der Papierverarbeitenden Industrie gab es im Jahr 2022 insgesamt 465 Betriebe mit mindestens 50 Beschäftigten. Im ersten Quartal 2023 waren es drei Betriebe weniger.
2. Entwicklung der Anzahl der Beschäftigten
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- Die Anzahl der Beschäftigten in der Papierverarbeitenden Industrie ist seit dem Höchststand von 2018 kontinuierlich rückläufig. Waren im Durchschnitt des Jahres 2021 noch 82.498 Personen beschäftigt, waren es im Jahr 2022 mit 82.085 etwas weniger. Im ersten Halbjahr 2023 belief sich der Durchschnittswert auf 81.150 Personen.
- Der Blick auf die Beschäftigungswerte nach Quartalen zeigt ebenfalls eine rückläufige Entwicklung an. Seit dem vierten Quartal 2021, in dem noch 82.656 Personen beschäftigt waren, ist ein nahezu stetiger Beschäftigungsrückgang zu beobachten. Dieser Negativtrend wurde lediglich im vierten Quartal 2022 unterbrochen.
3. Bruttoentgelte je Arbeitnehmer
- Das monatliche Bruttoentgelt je Beschäftigten belief sich in der Papierverarbeitenden Industrie im ersten Halbjahr 2023 auf 3.871 Euro. Gegenüber dem entsprechenden Vorjahresquartal bedeutet dies einen Anstieg von rund 184 Euro.
- Im langfristigen Vergleich fällt die aktuelle Bruttolohnerhöhung der Papierverarbeitenden Industrie überdurchschnittlich aus. Während die Bruttolöhne je Beschäftigten zwischen 2010 und 2022 im Durchschnitt um 1,9 Prozent pro Jahr stiegen, nahmen sie 2021 bereits um 2,8 Prozent zu. Der Lohnanstieg hat sich im Jahr 2022 auf 3,4 Prozent beschleunigt. Je Stunde gerechnet fiel der Anstieg des Bruttolohns im Jahr 2022 mit 5,7 Prozent aufgrund der von den Beschäftigten weniger geleisteten Arbeitsstunden noch deutlich höher aus. Der Anstieg der Lohndynamik hält weiter an: Im ersten Halbjahr 2023 lag das Bruttoentgelt je Beschäftigten um 5,0 Prozent höher als im ersten Halbjahr 2022 und je Stunde gerechnet betrug der Lohnanstieg sogar 6,7 Prozent.
- Die Verbraucherpreise stiegen im ersten Halbjahr 2023 gegenüber dem Vorjahreshalbjahr um 7,4 Prozent, im August waren es 6,1 Prozent. Die Kerninflationsrate – hier werden Energie und Nahrungsmittel herausgerechnet – lag im August 2023 bei 5,5 Prozent. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass von dem jetzt deutlich höheren Energiepreisniveau Abstrahleffekte auf andere Bereiche ausgehen. Im ersten Halbjahr 2023 ist die Kaufkraft der Bruttoentgelte je Beschäftigten bei allerdings kürzerer Arbeitszeit gegenüber dem ersten Halbjahr 2022 gesunken.
4. Tariflohnentwicklung
- Im April 2023 haben sich der Hauptverband Papier- und Kunststoffverarbeitung und die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di auf einen neuen Entgelttarifvertrag für die Papierverarbeitende Industrie verständigt. Insgesamt werden die Entgelte um 8,6 Prozent erhöht. Außerdem gewähren die Arbeitgeber eine Inflationsausgleichprämie in Höhe von 2.000 Euro in zwei Raten. Die Laufzeit des Tarifvertrags beträgt 24 Monate.
- Im Einzelnen sieht der neue Abschluss vor, dass die Löhne, Gehälter und Ausbildungsvergütungen in mehreren Stufen angehoben werden. Zum 1. September 2023 gibt es eine erste Erhöhung von 5,1 Prozent, der zwei weitere Erhöhungen um 2,1 Prozent zum 1. August und um 1,4 Prozent zum 1. Dezember 2024 folgen. Die Inflationsausgleichsprämie soll in zwei Schritten von jeweils 1.000 Euro ausgezahlt werden. Die erste Tranche war bereits im Mai 2023 fällig, die zweite wird dann im März 2024 ausgezahlt. Auszubildende erhalten jeweils die Hälfte des Betrags.
- Nach Berechnungen der Deutschen Bundesbank ergab sich für die Papierverarbeitende Industrie kalenderjährlich und je Stunde gerechnet im Jahr 2022 eine Kostenbelastung von 2,12 Prozent. Im gesamtwirtschaftlichen Durchschnitt lag die Belastung bei 2,64 Prozent.
5. Exportquote
- Im Durchschnitt lag der Auslandsumsatz im ersten Halbjahr 2023 bei knapp 607 Millionen Euro je Monat. Damit wurde der im ersten Halbjahr 2022 erreichte Mittelwert, der bei gut 605 Millionen Euro lag, nur knapp übertroffen. Im Quartalsverlauf zeigt sich ein stetiger Anstieg vom vierten Quartal 2020 mit einem monatlichen Auslandsumsatz von 497 Millionen Euro bis zum dritten Quartal 2022 mit 643 Millionen Euro – der bisherige Höchststand. Seitdem geht der Auslandsumsatz wieder zurück und erreichte im zweiten Quartal 2023 nur noch 590 Millionen Euro pro Monat. Das sind 4,6 Prozent weniger als im entsprechenden Vorjahresquartal.
- In relativer Betrachtung haben die Auslandsmärkte für die deutsche Papierverarbeitende Industrie im ersten Halbjahr 2023 mit einer Exportquote von 29,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr ihre Bedeutung gehalten – seit 2019 pendelt die Exportquote der Papierverarbeitenden Industrie um die 29 Prozent.
- Ein Blick auf die langfristige Entwicklung der Exportquote zeigt, dass der Anteil der Auslandsgeschäfte im Durchschnitt der Branche zwischen 2005 und 2007 von 26,8 auf 29,9 Prozent zunahm. Danach blieb dieser Anteil lange Zeit stabil und kletterte dann bis 2013 auf den Höchstwert von 30,6 Prozent, bevor ab 2014 ein Rückgang des Auslandsgeschäftsanteils einsetzte, der bis 2018 andauerte (Exportquote 26,9 Prozent). Der aktuelle Durchschnittswert des ersten Halbjahres 2023 und damit auch die Exportquoten der Jahre 2019 bis 2022 liegen ungefähr in der Mitte dieser Extremwerte.
6. Umsatz
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- Im ersten Halbjahr 2023 lag der Gesamtumsatz in der Papierverarbeitenden Industrie bei 12,39 Milliarden Euro. Gegenüber dem Umsatz des gleichen Vorjahreszeitraums, der bei 12,53 Milliarden Euro lag, ergab sich ein Minus von 0,13 Milliarden Euro. Das entspricht einem Rückgang von knapp 1,1 Prozent. Dabei belief sich der Inlandsumsatz auf knapp 8,8 Milliarden Euro und der Auslandsumsatz auf gut 3,6 Milliarden Euro. Damit lag der Inlandsumsatz leicht unter und der Auslandsumsatz leicht über ihrem jeweiligen Vorjahresniveau. Der Anteil der Inlandsumsätze am Gesamtumsatz lag im ersten Halbjahr 2023 bei 71 Prozent. Diese Quote ergab sich auch im ersten Halbjahr 2022.
- Der Umsatz setzt sich neben der produzierten Menge auch aus dem Preis zusammen. Lange Zeit stiegen die Umsätze nominal, während sie preisbereinigt sanken. Dabei konnte der Preisauftrieb die rückläufige Produktion noch überkompensieren. Diese Entwicklung hat sich im ersten Halbjahr 2023 nicht mehr fortgesetzt. Nun schlägt die schwache Konjunktur auch auf die Umsatzentwicklung durch.
- Durch die starken Preissteigerungen stieg der Umsatz im Jahr 2022 auf 25,53 Milliarden und erreichte damit ein Allzeithoch. Ob dieser Wert 2023 überschritten wird, hängt insbesondere von der weiteren konjunkturellen Entwicklung ab, da sich die Preisdynamik etwas abgeschwächt hat (Seite 9).
7. Monatlicher Umsatz je Beschäftigten
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- Der Umsatz je Beschäftigten änderte sich in der deutschen Papierverarbeitenden Industrie im ersten Halbjahr 2023 gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum kaum. Während der Pro-Kopf-Umsatz im ersten Halbjahr 2022 bei 25.452 Euro lag, waren es im ersten Halbjahr des laufenden Jahres 25.456 Euro. Damit blieb die Pro-Kopf-Umsatzentwicklung unverändert, während die nominale Umsatzentwicklung leicht rückläufig war (Seite 6).
- In der Pro-Kopf-Umsatzentwicklung schlägt sich nieder, dass auch die Beschäftigung im ersten Halbjahr 2023 leicht rückläufig war (Seite 2). Der Beschäftigungsrückgang lag bei 1,1 Prozent und damit in etwa auf dem Niveau des Umsatzrückgangs.
- Im langfristigen Vergleich ab 2011 blieb der Pro-Kopf-Umsatz lange Zeit recht stabil. Zunächst setzte nach 2011 für einige Jahre eine leichte Abwärtstendenz ein, die erst durch den kräftigen Branchenaufschwung der Jahre 2017 und 2018 beendet wurde. Nach einem neuerlichen Rückgang in den Jahren 2019 und 2020 kam es 2021 zu einem kräftigen Anstieg. Diese positive Trendwende beruhte aber schon damals auf einem starken Anstieg der Erzeugerpreise – eine Entwicklung, die sich 2022 deutlich verstärkt hat. Im letzten Jahr stieg der nominale Pro-Kopf-Umsatz um 17,5 Prozent.
8. Entwicklung der Produktion
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- Der starke Rückgang des Produktionsindex (unbereinigt) im Jahr 2022 hat sich im ersten Halbjahr 2023 fortgesetzt und sogar noch beschleunigt. Im Durchschnitt des ersten Halbjahres sank der Produktionsindex (Basisjahr 2015=100) unbereinigt auf nur noch 90,2. Im Durchschnitt des Jahres 2022 lag er bei 97,3. Damit hat sich der Produktionsrückgang merklich beschleunigt. Denn im Jahr 2022 ging die Produktion gegenüber dem Vorjahr um 3,9 Prozent zurück.
- In der quartalsmäßigen Betrachtung zeigt sich: Im zweiten Quartal 2023 lag der Produktionsindex kalender- und saisonbereinigt nur noch bei 87,7. Dabei fiel der Rückgang gegenüber dem Vorquartal erheblich aus. In Vorquartal lag der Index noch bei 94,6. Noch weit dramatischer ist die Entwicklung gegenüber dem Vorjahresquartal. Im zweiten Quartal 2022 lag der Produktionsindex (kalender- und saisonbereinigt) noch bei 98,7. Das entspricht einem Rückgang von 11 Prozentpunkten. Inzwischen ist der Produktionsindex kalender- und saisonbereinigt bereits sieben Quartale in Folge gesunken. Nach der auf die Corona-Lockdowns folgenden Erholung hatte der Produktionsindex im dritten Quartal 2021 ein Zwischenhoch erreicht und lag kalender- und saisonbereinigt bei 101,7.
9. Preisentwicklung
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- Der Erzeugerpreisindex in der Papierverarbeitenden Industrie lag im Juni 2023 bei 137,9. Seit dem Höchststand im Januar 2023 gehen die Erzeugerpreise jeden Monat leicht zurück. Insgesamt sind die Preise seit Januar 2023 um 3,8 Prozent gesunken. Im Durchschnitt des ersten Halbjahres 2023 lag der Erzeugerpreisindex für die Papierverarbeitende Industrie bei 140,8. Das sind 5,5 Prozent mehr als im Jahresdurchschnitt 2022, der 133,4 betrug.
- In der langfristigen Betrachtung verliefen die Preise für den Gesamtindex der gewerblichen Produkte ohne Energie und den Erzeugnissen der Papierverarbeitung bis 2021 annähernd parallel. Im Jahr 2022 legten die Preise für die Erzeugnisse der Papierverarbeitung aber überdurchschnittlich stark zu. Dies wirkte noch in das erste Halbjahr 2023 hinein. Denn im ersten Halbjahr 2023 lag der Abstand bei 8,3 Prozentpunkten und war damit noch höher als im Jahresdurchschnitt 2022. Wegen der zuletzt nachgebenden Preise in der Papierverarbeitenden Industrie fiel der Abstand im Juni 2023 wieder niedriger aus und betrug noch 5,9 Prozentpunkte.
- In der Papiererzeugenden Industrie ist der Erzeugerpreisindex bereits seit Oktober 2022 – der Wert betrug damals 173,9 – gesunken und lag im Juni 2023 noch bei 145,5 und somit fast 16 Prozent niedriger. Der Durchschnitt des ersten Halbjahrs 2023 betrug 155,0. Daraus ergibt sich ein Rückgang von 4 Prozent im Vergleich zum Jahresdurchschnitt 2022. Dies ist allerdings vor dem Hintergrund des außerordentlich hohen Preisanstiegs im Jahr 2022 zu sehen. Gegenüber 2021 stiegen die Preise um 44 Prozent.
10. Entwicklung von Produktivität und Lohnstückkosten
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- Im Jahr 2022 stiegen die Lohnstückkosten gegenüber dem Vorjahr um 5,6 Prozent. Dieser Anstieg markierte einen Rekordwert im Beobachtungszeitraum seit 2005 und war sogar deutlich stärker als der Anstieg von 2008 auf 2009, als die globale Wirtschafts- und Finanzkrise ihren Höhepunkt erreichte. Im ersten Halbjahr 2023 wurde dieser Rekordwert pulverisiert. Die Lohnstückkosten schnellten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 15,8 Prozent empor. Ursächlich hierfür sind der starke Rückgang der Produktion bei gleichzeitig hohen Lohnanstiegen.
- Die Produktivität je Beschäftigten ging im ersten Halbjahr 2023 gegenüber dem ersten Halbjahr 2022 um 9,3 Prozent zurück. Auch dieser Wert markiert mit großem Abstand einen Rekordrückgang im Untersuchungszeitraum. Ursächlich für den Produktivitätsrückgang ist der Einbruch der Produktion um rund 10 Prozent, während der Beschäftigungsstand nur leicht zurückging.
- Trotz des deutlichen Anstiegs der Bruttomonatslöhne von 5,0 Prozent und der Bruttostundenentgelte von 6,7 Prozent, war der starke Rückgang der Produktivität der Haupttreiber des außerordentlich hohen Lohnstückkostenanstiegs im ersten Halbjahr 2023. Die durchschnittliche Arbeitszeit war im ersten Halbjahr 2023 kürzer als im Vorjahreshalbjahr. Die Produktivität sank daher je Stunde etwas schwächer als je Beschäftigten gerechnet. Dennoch war der Rückgang der Stundenproduktivität mit 8 Prozent überaus stark.
Versand-Broschüre-HPV SP-Daten Ausgabe September 2023-Final